Die Verbandsliga-Baseballsaison 2003: Ein mühevolles
Jahr
Der kampflos erreichte dritte Platz
der Mitteldeutschen Liga Baseball (MDLB) stellte so ziemlich
das Gegenteil von dem dar, was in der abgelaufenen Saison
2003 das Markenzeichen der Verbandsliga-Baseballer der Leipzig
Wallbreakers war: dem Kampf.
Sei es der Kampf um den letzten Playoff-Platz,
der Kampf mit der zu dünnen Spielerdecke, der Kampf gegen
die Mittelklassigkeit nach all den Jahren an der Spitze des
Mitteldeutschen Baseballs: Es war eine schwierige Saison,
die in der deutlichen Playoff-Niederlage in zwei Spielen gegen
den späteren Meister Erfurt Latinos (5-19
und 7-17)
ihr vehementes Ende fand.
13 Siege, elf Niederlagen und der vierte
Tabellenplatz war die Bilanz
2003 (zum Vergleich 2002: 19-5, 2. Platz). Gegen die Top-3-Teams,
die 50 Prozent oder mehr ihrer Spiele gewannen (Erfurt Latinos,
Dresden Dukes und Magdeburg Atlas), gewannen die Wallbreakers
lediglich drei Spiele (zwei gegen Magdeburg, eines gegen Dresden)
und verloren neun Begegnungen (2002: 7-5).
In dieser Saison verloren die Leipziger
ausserdem zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder gegen die
Erfurt Dark Angels (14-15
am 21. Juni) und zum ersten Mal seit drei Jahren gegen
die Braunsbedra Coalminers (5-9
am 1. Juni). Mit 3-30
steckten sie am 27. Juli zu Hause gegen die Dresden Dukes
ihre höchste jemals erlittene Niederlage ein.
Aber der Silberstreif am Horizont ist
durchaus schon zu erkennen. Der Schritt in die Unabhängigkeit
mit der Gründung des eigenen Vereins, des "Leipzig
Wallbreakers e.V." im August, der neue Ballpark an der
Dortmunder Straße, die sich entwickelnden Talente in
der Mannschaft. Alles das sind Gründe, optimistisch in
die kommende Saison zu gehen.
Aber zurück zu 2003. Was war
also der Grund für die eher durchschnittliche Leistung
in diesem Jahr?
Die Offense - sicherlich. Die Defense
- auch (wie schon früher). Das Pitching - manchmal.
Deshalb nun zu den Details.
Die Offense
Der Team Batting Average (AVG) der
Wallbreakers lag mit .358 37 Punkte unter dem des Vorjahres
(.395). Das klingt ja noch nicht unbedingt nach Welten.
Schaut man sich jedoch die Slugging
Percentage (SLG) an, die über die Power Auskunft gibt,
so liegt hier die Differenz von .494 (2003) zu .538 (2002)
schon bei 44 Punkten. Dabei lag es nicht einmal unbedingt
an den Extra Base Hits. 49 Doubles gegenüber 54 in der
letzten Saison, zwei gegenüber drei Triples und sieben
gegenüber fünf Homeruns halten sich im Großen
und Ganzen die Waage.
Die On-Base Percentage (OBP) weist
immerhin noch einen Abriss von 29 Punkten (.501 zu .530) auf.
Dennoch lagen die Wallbreakers dank 144 Walks (2002: 161)
hierbei noch auf dem zweiten Platz der gesamten Liga, hinter
den Dresden Dukes (.539).
Damit lag das vorrangige Problem der
Leipziger also nicht darin, Leute auf Base zu bringen, sondern
sie wieder nach Hause zu holen.
Natürlich machte sich der Weggang
von Catcher Marc Wagner, der das Team nach der Saison 2002
zu den Berlin Kangaroos verlassen hatte, an der Spitze der
Lineup bemerkbar.
Auch der insgesamt dreimonatige Ausfall
von Stanley Schubert, der in zehn Spielen immerhin noch einen
Schlagdurchschnitt von .407 mit zwei Homeruns und elf RBI
erreichte, trug nicht unbedingt zu einer besseren Offensivleistung
der Wallbreakers bei. Schubert wird die Leipziger zudem im
November für immer in Richtung USA verlassen, wo er in
Seattle eine Familie gründen will.
Auch John Heiker (.535 AVG, 9 2B, 1
HR, 20 RBI) stand dem Team nur in 14 Spielen zur Verfügung.
Aber neben personellen Problemen gab
es natürlich auch wieder persönliche Erfolgsstories.
Denn immerhin muss es ja dann andere Leute gegeben haben,
die den Ausfall der oben Genannten (fast) wettgemacht haben,
wenn man sich die Teamstatistiken
anschaut.
Da wäre zum Beispiel Outfielder
Daniel Kolb. Er stellte, bedingt durch seinen Wehrdienst in
Regensburg, in nur 16 Spielen beeindruckende Offensivstatistiken
auf. Bei einem Batting Average von .525, acht Doubles und
27 RBI kann man nur ahnen, was gewesen wäre, wenn er
alle Spiele hätte absolvieren können.
Den Titel "Mr. Available"
teilen sich in dieser Saison, wie eigentlich immer in den
letzten vier Jahren, 3rd/2nd Baseman (später auch Catcher)
Michael Pitzschel und Catcher (später auch 3rd Baseman)
Andreas Großöhme. Beide absolvierten sämtliche
Innings in allen 24 Spielen der regulären Saison.
Das manifestiert sich natürlich
auch in ihren Statistiken. Pitzschel schlug .404, mit sechs
Doubles und 21 RBI. Er führte zudem das Team in Runs
(41), Walks (23, Nr. 1 auch der Liga) und Stolen Bases (32)
an.
Großöhme kam auf einen
Schlagdurchschnitt von .463 (seine persönliche Bestleistung)
ebenfalls sechs Doubles und einem Triple. Er stand ganz vorn
in der Kategorie RBI mit 29 und vier Homeruns, darunter einem
Game Winning Grand Slam beim 14-10-Sieg
gegen die Magdeburg Atlas am 18. Mai.
Wenn also die Offense noch nicht den
gewaltigen Unterschied ausgemacht hat, obwohl es einem als
Augenzeuge bei vielen Spielen so vorkam, so muss es noch an
anderen Stellen gehapert haben. Was einem dazu eigentlich
immer zuerst einfällt, ist, wie schon in den vergangenen
Jahren, die Defense.
Die Defense
Hatte man bei der Bilanz der Saison
2002 mit 57 Errors und 26 Passed Balls noch von einer ziemlich
mäßigen Defense gesprochen, so muss man für
dieses Jahr wohl einen neuen Negativbegriff erfinden. Glatte
100 Feldspielfehler und 14 Passed Balls in 24 Spielen standen
am Saisonende auf dem Konto der Leipziger, fast doppelt so
viele wie auf dem des Teams mit der besten Verteidigung, der
Erfurt Latinos (58 E + 4 PB). Daraus resultierten 96 Unearned
Runs von insgesamt 234 Gegenpunkten (2002: 36 von 147), die
oftmals spielentscheidend waren.
Michael Pitzschel und Shortstop Robert
Pardavi führten mit jeweils 16 Errors das Team an. Dazu
kamen elf Passed Balls von Catcher Andreas Großöhme,
die restlichen drei gingen auf das Konto von Michael Pitzschel,
der in drei Spielen hinter der Platte zum Einsatz kam.
Einiger Kredit für die schwache
Defense geht natürlich auch an das Baseballfeld im Wallbreakers
Ballpark, dass nach dem Hochwasser von 2002 zwar wieder bespielbar,
aber in einem sehr schlechten Zustand war. Es bleibt also
abzuwarten, ob der neue Platz in der Dortmunder Strasse ab
dem kommenden Jahr wieder für solidere defensive Leistungen
der Wallbreakers sorgen wird.
Ok, so viel zum Thema Verteidigung.
Nun wieder zu etwas (gemessen am Gesamtbild) erfreulicherem.
Dem Pitching.
Das Pitching
Zwar lag die Team ERA mit 11.33 knapp
2,6 Earned Runs pro Spiel höher als 2002 (8.74), aber
die Auftritte der Leipziger Pitcher zeigten bis auf einige
wenige Spiele eine durchweg solide Qualität.
Hagen Milde (5-4) zeigte in seiner
ersten Saison als regulärer Starter bereits eine konstant
gute Leistung. Mit 41 Innings führte er das Team in Sachen
Arbeitspensum vor Stephan Elkins (38 1/3) an. Seine ERA fällt
mit 11.41 zwar etwas hoch aus, 46 Strikeouts in 41 Innings
zeigen allerdings, wozu er im Stande ist, wenn er die volle
Kontrolle über sein Spiel hat. 58 Walks verdeutlichen
natürlich auch, dass dies nicht immer der Fall war.
Nur John Heiker (3-0) erreichte eine
bessere Strikeout-pro-Inning-Quote (17 K in 10 Innings, 12
BB), pitchte allerdings zu wenig, um einen größeren
Einfluss auf die Gesamtbilanz zu haben. Sein Ausfall als Pitcher
war vor allem in den Playoffs für die Wallbreakers wohl
am schwersten zu verkraften.
Coach Stephan Elkins (4-5), seit fünf
Jahren bereits eine zuverlässige Größe im
Leipziger Pitching Staff, musste 2003 einige harte Zeiten
auf dem Mound durchleben. Seine ERA ist mit 12.91 die höchste
aller Pitcher der Wallbreakers. Allerdings zeigte er nach
wie vor gute Kontrolle, indem er neben John Heiker der einzige
mit einem positiven Walk-Strikeout-Verhältnis war (28
K, 24 BB) war. Was Elkins in diesem Jahr am meisten zu schaffen
machte, war die hohe Schlagausbeute gegen ihn. Der Batting
Average seiner gegnerischen Schlagleute lag bei .418, weit
mehr als bei allen anderen Leipziger Pitchern.
Stanley Schubert (1-0), in den Vorjahren
einer der wichtigsten Anker des Leipziger Pitching Staffs,
kam auf Grund seiner langen Abwesenheit in der regulären
Saison nur zu fünf Einsätzen. Er pitchte insgesamt
acht Innings, gab sechs Hits und sieben Earned Runs ab, warf
sechs Strikeouts und walkte elf gegnerische Batter. Seinen
einzigen Sieg verbuchte er relativ früh in der Saison,
beim 9-7 bei den Dresden Dukes am 10. Mai.
Hinzu kommen noch zwei Einsätze
(0-1) in den beiden Playoff-Spielen der Wallbreakers gegen
die Erfurt Latinos. In Spiel
1 wurde er für Starter Nico Punke eingewechselt und
gab über die letzten 3 1/3 Innings der 5-19-Niederlage
vier Hits und zwei Earned Runs ab, verzeichnete solide fünf
Strikeouts und ließ fünf Latinos per Walk auf das
erste Base. Das zweite
Playoff-Spiel pitchte er von Anfang an, erwischte jedoch
einen rabenschwarzen Tag. In etwas mehr als vier Innings ließ
er ganze 13 Earned Runs zu, basierend auf acht Hits und acht
Walks, dazu kam kein einziges Strikeout.
Und dann war da noch das Debüt
von Outfielder Nico Punke (0-2) auf dem Mound. Er hatte erst
im Winter letzten Jahres mit dem Pitching-Training begonnen.
Aber er machte so rasante Fortschritte, dass die Wallbreakers
ihn am 14. Juni zum ersten Mal ins kalte Wasser der Verbandsliga
warfen - und das ausgerechnet gegen den Tabellenführer
und amtierenden Meister Erfurt Latinos.
Und was er zeigte, machte (trotz der
beiden
Niederlagen der Wallbreakers) Hoffnung: Nur zwei Hits
in 4 1/3 Innings, verteilt über beide Spiele des Doubleheaders,
ein Strikeout und nur zwei Walks in zwei Einsätzen als
Reliever.
Seinen ersten Start absolvierte er
schließlich am 17.
August, wieder gegen die Latinos.
Leider konnte er später in seiner
ersten Speilzeit nicht immer konstant eine solide Leistung
zeigen. Als Einwechselpitcher (7 IP, 7 H, 6 ER, 6 BB, 6 K
in drei Spielen) war er meist effektiver denn als Starter
(5 1/3 IP, 11 H, 7 ER, 7 BB, 3 K in zwei Spielen). Am Ende
der regulären Saison konnte er zwar keinen Win auf seinem
Konto verbuchen, was jedoch meist eher an der Defensivleistung
seiner Hintermannschaft denn an seinem Pitching lag.
In den Playoffs (0-1) startete er auf
Grund seiner guten Auftritte gegen die Latinos in der regulären
Saison Spiel 1, was jedoch nicht den erwarteten Erfolg brachte.
Sieben Earned Runs in 3 2/3 Innings, dazu fünf Walks
und kein Strikeout waren seine Bilanz in der 5-19-Niederlage,
bevor er für Stanley Schubert ausgewechselt wurde.
Im zweiten Halbfinalspiel kam er als
Reliever erneut zum Einsatz. Dabei lief es, obwohl es zum
Zeitpunkt seiner Einwechslung bereits 6-14 gegen die Leipziger
stand, wieder etwas besser (2 IP, 4 H, 3 ER, 1 BB, 0 K).
Alles in allem gesehen kann ihn sein
zweifelsohne vorhandenes Talent noch sehr weit bringen, wenn
er in Zukunft den mentalen Anspruch des Pitchings besser beherrscht.
Fazit
Ein Faktor, der die Wallbreakers in
der vergangenen Saison gehörig gehemmt hat, war die hohe
personelle Ausfallquote. An vielen Spieltagen traten sie nur
in Minimalbesetzung an. Daran muss sich in der nächsten
Saison etwas ändern, damit das bloße Erreichen
der Mindestanzahl von Leuten nicht allein schon zur Herausforderung
wird, bevor man überhaupt an das Gewinnen von Spielen
denken kann. Das macht es zudem Coach Stephan Elkins schwer,
eine Aufstellung im voraus zu planen.
Dabei standen 2003 ganze 19 Spieler
auf dem Roster der Leipziger, die in der ersten Mannschaft
spielberechtigt gewesen wären. Demnach lag das Problem
nicht in erster Linie an einem zu kleinen Kader, sondern eher
an dessen Verfügbarkeit. Wenn die Wallbreakers in Zukunft
hier mehr Konstanz und Disziplin erreichen können, haben
sie auch eine größere Chance, wieder auf Dauer
oben mitzuspielen.
Sicherlich, ein paar neue Spieler,
zum Beispiel ein Power-Pitcher (vor allem im Licht des Weggangs
von Stanley Schubert) und ein Outfielder, wären wünschenswert,
damit das Potenzial, das in diesem Team steckt, wieder geweckt
wird (und sei es allein schon durch größeren Konkurrenzkampf
innerhalb der Mannschaft).
Dazu werden die Wallbreakers ihre Leute,
die bisher nur in der zweiten Mannschaft oder dem Jugendteam
zum Einsatz gekommen sind, über den Winter an das erste
Team heranführen. Wenn diese sich dort etablieren und
später Verantwortung übernehmen können, dann
ist auch der Mitteldeutsche Meistertitel innerhalb der nächsten
zwei bis drei Jahre keine Utopie mehr.
Bis dahin haben sich die Wallbreakers
dann wenigstens eine neue Basis aufgebaut, mit der sie das
Niveau danach auch wieder länger halten können.
Bestes Beispiel hierfür sind die
Erfurt Dark Angels, immerhin zweifacher Mitteldeutscher Meister
(wie die Leipziger auch), 1999 und 2000. Nach dem Weggang
aller ihrer lateinamerikanischen Spieler zum Ortsrivalen Latinos
nach der Saison 2001 mussten die Thüringer mit den verbliebenen
Routiniers und Nachwuchskräften neu aufbauen und dafür
zwangsläufig auch ein paar Jahre im unteren Tabellendrittel
in Kauf nehmen.
Langsam aber sicher kommen sie jedoch
wieder und verpassten in diesem Jahr als Fünfter (hinter
den Wallbreakers) nur knapp den Einzug in die Playoffs. Mit
den Dark Angels wird also in den nächsten Jahren wieder
zu rechnen sein.
Wenn die Leipzig Wallbreakers also
einen ähnlichen Weg einschlagen wollen (oder müssen)
- wenngleich sie nicht einen derartigen Exodus an Spielern
zu erleiden haben - so haben sie mit den Erfurtern zumindest
schon mal ein positives Vorbild.
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